„Geiz ist geil“ – doch nicht im Fairen Handel?!
Pressemitteilung WeltPartner eG
21.08.2024
Der alte Slogan „Geiz ist geil“ hat auf den ersten Blick nichts mit dem Fairen Handel (auch Fair Trade) zu tun. Firmen wie die Ravensburger WeltPartner eG fördern seit Jahrzehnten bewusst eine gegensätzliche Argumentation und Zielsetzung. Sie möchten hochwertigen fair+bio-Lebensmittelprodukten eine größtmögliche Wertschätzung geben. Dies gilt besonders für die Kleinbauernfamilien, die nach international anerkannten Fair Trade Standards für ihre harte Arbeit für Anbau und Ernte von landwirtschaftlichen Erzeugnissen fair entlohnt werden sollen.
Warum Fair Trade Produkte ihren Preis haben
Fair Trade und Bio zertifizierte Lebensmittel sind nicht nur aromatisch, sondern erzielen nachweislich einen positiven und nachhaltigen Erfolg in den Ursprungsländern. Hohe geschmackliche und soziale Qualitäten sind ihren Preis wert. Um Fair Trade und Bio zertifizierte Produkte zu etablieren, muss diese Preis-Philosophie auch bei den Konsumenten verankert werden. Denn wenn die Kunden die Mehrwerte der Lebensmittel erkennen, sind sie letztlich bereit, dafür bewusst mehr zu bezahlen.
Menschenrechtsverletzungen sind noch Alltag
Leider ist es nicht die Regel, dass Menschenrechte in landwirtschaftlichen Betrieben in Asien, Afrika und Lateinamerika eingehalten werden. Kinderarbeit und ausbeuterische Arbeitsstrukturen sind im internationalen Handel nach wie vor verbreitet. Fair-Trade-Unternehmen, die bewusst einen anderen, menschenfreundlichen und gerechteren Weg für ihren Handel wählen, stellen jedoch eine absolute Minderheit dar. Diese Unternehmen haben sich in der Regel zu 100 % dem Fairen Handel und größtmöglicher Transparenz verschrieben. So setzen Unternehmen wie WeltPartner auch auf langfristige Partnerschaften auf Augenhöhe mit weltweit tätigen Kleinbauernfamilien, die vielfältig davon profitieren.
Es ist daher auch zu kurz gedacht, den Fairen Handel/Fair Trade auf den fairen Preis zu reduzieren, den die Kleinbauernfamilien im Globalen Süden erhalten – auch wenn dies als ein wesentliches Element dieser besonderen Idee eines sozial- und umweltverträglichen Handels in den Fair Trade Kriterien verankert ist.
Gesetzliches Verkaufsverbot von Lebensmitteln unter dem Einstandspreis
Ohne diese Reduzierung auf den fairen Preis ist das Thema Fair Trade komplexer, als viele Anbieter wahrhaben wollen. Es passt oft nicht in deren Unternehmens- und Vertriebsstrategien. Warum sollte ein Discounter sonst einen eigenen Weg mit einem riesigen Kundenrabatt gehen, der den Konsumenten bewusst oder unbewusst suggeriert, dass „Fair Trade à la Discounter“ auch billig sein kann und ein angebotener Fair Trade und Bio-Kaffee keinen höheren Preis als ein konventioneller Kaffee haben muss.
So hatte ein Discounter in seiner Aktionsbroschüre, gültig vom 29.7. bis 3.8.2024, ein unserer Meinung nach nicht kostendeckendes Sonderpreisangebot abgedruckt. Dort wurde ein Kilo eines Fairtrade- und Biozertifizierten Kaffees mit 50 % Rabatt zum Preis von 5,39 € angeboten.
Auch wenn der informierte Kunde unsicher ist, wie ein solch niedriger Preis zustande kommt, ist dessen Bewerbung nach geltendem Recht nur dann illegal, wenn ein Unternehmen seine Marktmacht missbraucht, um Mitbewerber mit unrealistischen Preisangeboten einer so genannten unbilligen Behinderung auszusetzen.
Der Aktionsverkaufspreis von 5,39 €/kg liegt unseres Erachtens in diesem Fall unter dem Einkaufspreis. Dieser setzt sich unter anderem aus dem garantierten Fairtrade Mindestpreis für die Kaffeebauern, der Seefracht, den Röst- und Verpackungskosten, den Kosten entstehend durch den Röstverlust, sowie der deutschen Kaffeesteuer – diese allein beträgt schon 2,19 €/kg – zusammen.
Die Überwachung durch ein strenges, unabhängiges Fairtrade-Kontrollsystem stellt sicher, dass der betreffende Discounter den Rohkaffee zu den geltenden Fairtrade Mindestpreisen eingekauft hat.
Zuständiges, lückenhaftes Gesetz schadet dem Fairen Handel
Leider ist das hierfür maßgebliche “Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen” (GWB) zu schwach und ermöglicht Discountern, nicht extern nachprüfbare Bezugsvergünstigungen, wie zum Beispiel Werbekostenzuschüsse des Lieferanten in Europa, von den Einkaufspreisen abzuziehen, was das GWB erlaubt. Im konkreten Fall könnte dies bedeuten, dass der Importeur/Zwischenhändler bei seinem Verkauf von Bio- und Fairtrade-Kaffee an den Discounter diesem Vergünstigungen gewährt, die den Preis künstlich unter die Herstellungskosten drückt. Dadurch könnte der Discounter seine große Marktmacht ausspielen. Dies führt vermutlich dazu, dass Kunden von bisherigen Fair-Trade-Anbietern zu den extrem billigen Fairtrade-Angeboten des Discounters wechseln. Das ist zwar alles legal, aber unseres Erachtens für die Konsumenten undurchschaubar – so bleiben diese im Unklaren und freuen sich sogar vielmehr über den superbilligen Angebotspreis.
Auch wenn eine solche Vorgehensweise derzeit legal ist, verzerren sie nicht nur den Wettbewerb, sondern schaden auch dem gesamten Image und der visionären Fair Trade-Idee. Eine „Geiz-ist-geil“-Mentalität für Fair-Trade-Produkte passt nicht zu den Ansprüchen bewusster Konsumenten.
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Kontakt:
Thomas Hoyer
Vorstand der WeltPartner eG
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