Nachhaltige Wirtschaft enttäuscht über unzureichende „Sofort“-Programme für den Gebäude- und Verkehrssektor

Berlin, 13.07.2022: Die vorige Bundesregierung hat die im Klimaschutzgesetz festgehaltenen Ziele für den Gebäude- und Verkehrssektor verfehlt. Die zuständigen Ministerien waren deshalb aufgefordert Nachbesserungen vorzulegen. Der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW) ist enttäuscht über die unzureichenden Anstrengungen der sogenannten „Sofort“-Programme, vor allem im Verkehrsbereich.

Anstatt eines, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, sektorübergreifenden Klimaschutz-Sofortprogramms haben das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium (BMWK) sowie die Bau- und Verkehrsministerien heute einzelne „Sofort“-Programme vorgestellt, die aber zum Teil auf viele Jahre angelegt sind. Der BNW setzt sich für eine sektorenübergreifende sozial-ökologische Transformation ein und ist enttäuscht über die unzureichende Tragweite der Programme: „Durch das Klimaschutzgesetz waren die zuständigen Ministerien verpflichtet, Nachbesserungen für den Gebäude- und Verkehrssektor vorzulegen. Das hätte ein lauter Weckruf für die Bundesregierung sein müssen. Leider verpasst vor allem das Verkehrsministerium die Chance, eine echte Trendwende für den Klimaschutz einzuleiten,“ sagt die BNW-Geschäftsführerin Dr. Katharina Reuter. „Damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, muss jetzt gehandelt werden. Für eine konsequente Verkehrswende braucht es ein ambitioniertes Maßnahmenpaket“, unterstreicht Reuter.

Der BNW fordert deshalb erneut folgende echte Sofort-Maßnahmen:

  • Abbau von klimaschädlichen Subventionen, insbesondere die Abschaffung von Diesel- und Dienstwagenprivilegien
  • Ausbau des ÖPNV: Ausreichende Investitionen in öffentliche Infrastrukturen
  • Umgehende Einführung eines Tempolimits

„Um den Mobilitätssektor auf den Klimapfad zu bringen, muss der motorbetriebene Verkehr reduziert werden. Gleichzeitig braucht es ausreichende Alternativen zum Auto“, sagt die BNW-Geschäftsführerin. Besonders für den ländlichen Raum sind Kreativität und Anreize gefragt, die klimaschonende Mobilität ermöglichen, beispielsweise durch die Förderung von kleinen, flexiblen E-Fahrzeugen. Darüber hinaus braucht es eine pflichtmäßige ÖPNV-Anbindung bei Gewerbebetrieben. Nur durch eine ausreichende Infrastruktur lassen sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftsansiedlungen im ländlichen Raum vereinbaren.

Auch für den Gebäudesektor wurde ein Maßnahmen-Paket vorgelegt. Der BNW bedauert, dass die Bundesregierung voraussichtlich auch im Gebäudesektor die gesetzten Ziele reißen wird. „Angesichts der aktuellen Energiekrise brauchen wir jetzt einen politischen Kraftakt im Gebäudebereich. Das Programm enthält wichtige Ansätze, wie die geplante Wärmepumpenoffensive. Verbesserungspotenzial besteht allerdings im Bereich der energetischen Gebäudemodernisierung“, betont Reuter.

Pressekontakt

Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V.
Dr. Katharina Reuter, Geschäftsführerin
reuter@bnw-bundesverband.de
+49 178 448 19 91

Agentur Ahnen&Enkel
Kai Weller
weller@ahnenenkel.com

Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V.
Der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW) ist die politische Stimme der nachhaltigen Wirtschaft und setzt sich als unabhängiger Unternehmensverband für den Umwelt- und Klimaschutz ein. Mit seinen knapp 600 Mitgliedsunternehmen steht der BNW inzwischen für mehr als 130.000 Arbeitsplätze.




CETA: Ratifizierung stoppen – Keine Sonderklagerechte für Konzerne

Pressemitteilung
Berlin, 7.7.2022

Protestaktion auf der Reichstagswiese

Mit einer Banner-Aktion hat ein breites gesellschaftliches Bündnis auf die erste Lesung des CETA-Ratifizierungsgesetzes der Ampelkoalition im Bundestag am heutigen Donnerstag aufmerksam gemacht.

CETA wird nach der Ratifizierung auf der EU-Ebene bereits seit September 2017 in großen Teilen vorläufig angewendet. Ausgenommen davon sind der Investitionsschutz und die Schiedsgerichte. Diese Teile treten erst in Kraft, wenn die nationalen Parlamente über die Ratifizierung abgestimmt haben. In zwölf Mitgliedstaaten der Europäischen Union, darunter die Bundesrepublik Deutschland, ist Ratifikation noch nicht abgeschlossen.

Ludwig Essig, Handelsexperte Umweltinstitut München, Koordination Netzwerk gerechter Welthandel: “Alle handelsrelevanten Bereiche des Abkommens sind seit fünf Jahren aktiv. Die Ratifizierung wäre damit ein klares Bekenntnis zu den privaten Schiedsgerichten. Gerade in Zeiten von Energie- und Klimakrise müssen Regierungen handlungsfähig bleiben. Paralleljustizen mit Sonderklagerechten für Großinvestoren stehen dem Klimaschutz, dem Verbraucherschutz und der Demokratie im Weg.”

Margot Rieger, Lokale freihandelskritische Bündnisse und Initiativen: “CETA stellt Handelsinteressen über den Klimaschutz. Klima- und andere Nachhaltigkeitsziele sind bei CETA nicht sanktionsbewehrt.”

Anne Bundschuh, Referentin für Handels- und Investitionspolitik bei PowerShift e.V.: “Mit CETA sollen neue Standards für faire Handelsabkommen gesetzt werden. Weitreichende Sonderrechte für Konzerne sind damit keinesfalls vereinbar! Dass ein Ausstieg aus diesem gefährlichen Instrument möglich ist, hat Kanada selbst vorgemacht: Das 2018 überarbeitete Nordamerikanische Freihandelsabkommen sieht keine Konzernklagerechte zwischen Kanada und den USA mehr vor.”

Felix Kolb, Geschäftsführender Vorstand bei Campact: “Das Vorgehen der Bundesregierung beim Freihandelsabkommen CETA ist inakzeptabel. In einer unnötigen Hauruck-Aktion wurde der Ratifizierungsprozess wieder aufgenommen. Damit wurde die Zivilgesellschaft und deren Kritik bewusst am Straßenrand stehen gelassen. Dafür sind die Tragweite und Gefahren des Abkommens aber viel zu groß. Anstatt CETA dem Bundestag noch vor der Sommerpause vorzulegen, sollte die Bundesregierung die sitzungsfreie Zeit lieber nutzen – um den kritischen Dialog aufzunehmen und Inhalte nachzubessern.”

Lis Cunha, Handelsexpertin bei Greenpeace e.V.: “Wir sind nicht generell gegen einen Handel mit Kanada. Wir wollen ihn nur fair und nach demokratischen Leitsätzen. Private Schiedsgerichte für ausländische Konzerne sind damit nicht vereinbar. Sie umgehen nationale Justizsysteme und befeuern sogar den Klimawandel. Deshalb muss der Bundestag diese Paralleljustiz für Investoren unterbinden und die Ratifizierung von CETA stoppen.”

Hanni Gramann, Attac-Handelsexpertin: “CETA soll den Handel mit einem Partner fördern, der die grundlegenden Werte der liberalen Demokratie teilt, heißt es in dem Ratifizierungsgesetz. Warum sind dann in dem Abkommen Schiedsgerichte für Konzerne verankert? Weder das formal aufgebesserte „Investitionsgerichtssystem“ (ICS) noch eine verbindliche Interpretationserklärung ändern etwas daran: Unternehmen mit Niederlassungen in Kanada oder der EU würden ermächtigt , mit teuren Investitionsschutzklagen die staatliche Gesetzgebung zu ökologischen oder sozialen Fragestellungen anzugreifen.”

Zu der Protestaktion aufgerufen hatten: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Attac Deutschland, Berliner Wassertisch, Campact, Forum Umwelt und Entwicklung, Greenpeace e.V., lokale freihandelskritische Bündnisse und Initiativen in Deutschland, NaturFreunde Deutschland, Netzwerk gerechter Welthandel, PowerShift e.V., Umweltinstitut München, Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung – WEED e.V.

Fotos von der Aktion finden sich unter diesem Link: https://www.flickr.com/photos/uwehiksch/albums/72177720300341781

Pressekontakte:
Ludwig Essig
le@forumue.de
0176 546 752 53

Hanni Gramann
hanni.gramann@attac.de
0176 3060 8762




53.200 Euro für die Gesellschaft: Lammsbräu ermittelt konkreten Mehrwert je Bio-Betrieb

PRESSEMITTEILUNG

53.200 Euro für die Gesellschaft: Lammsbräu ermittelt konkreten Mehrwert je Bio-Betrieb

  • Pilotprojekt mit Regionalwert Leistungen GmbH beziffert jährlichen Beitrag von Bio-Landbau für Umwelt und Gemeinwohl
  • Neumarkter Lammsbräu finanziert Teilnahme von 16 Bio-Landwirten aus regionaler Erzeugergemeinschaft EZÖB
  • Teilnehmende Bio-Betriebe erzielen Nachhaltigkeitsleistungen von insgesamt rund 851.200 Euro, bezogen auf die gesamte EZÖB errechnen sich mehr als 9,6 Mio. Euro

Neumarkt in der Oberpfalz, 31. März 2022. Rund 53.200 Euro – so viel Mehrwert erbringt ein durchschnittlicher Bio-Landwirtschaftsbetrieb der regionalen Erzeugergemeinschaft EZÖB pro Jahr für Umwelt und Gemeinwohl durch sein nachhaltiges Wirtschaften. Und zwar zusätzlich zu den von ihm erzeugten Lebensmitteln. Dies ist das Ergebnis eines Pilotprojekts des Bio-Pioniers Neumarkter Lammsbräu zusammen mit Regionalwert Leistungen. Das Traditionsunternehmen aus der Oberpfalz tritt seit mehr als vier Jahrzehnten für die Förderung der Bio-Landwirtschaft und eine noch gerechtere Entlohnung von Bio-Landwirten ein. An dem Pilotprojekt nahmen 16 Bio-Betriebe der Erzeugergemeinschaft Ökologische Braurohstoffe (EZÖB) von Neumarkter Lammsbräu teil, die laut Regionalwert-Leistungsrechnung einen Nachhaltigkeitswert von insgesamt rund 851.200 Euro pro Jahr erwirtschaften.

Johannes Ehrnsperger, Inhaber und Geschäftsführer von Neumarkter Lammsbräu: „Bio-Landwirtschaft ist der wesentliche Hebel für mehr Umwelt- und Klimaschutz. Neumarkter Lammsbräu setzt sich deshalb mit Nachdruck für einen zügigen Ausbau des Öko-Landbaus ein. Unser Pilotprojekt mit Regionalwert Leistungen macht die Beiträge der Bio-Bäuerinnen

und Bio-Bauern für die Gesellschaft sichtbar und schafft damit eine Grundlage für eine noch gerechtere Entlohnung. Rechnet man die Studienergebnisse exemplarisch auf unsere 180 EZÖB-Landwirte hoch, erwirtschaften diese 9,6 Millionen Euro jährlich an Mehrwert für Umwelt und Gemeinwohl. Und wenn man die Ergebnisse auf alle Bio-Betriebe in Deutschland bezieht, macht dies einen riesigen Unterschied.”

Die konkreten Ergebnisse des Pilotprojekts
Zur finanziellen Bewertung der Nachhaltigkeitsleistungen der Bio-Landwirte kam ein Online-Tool von Regionalwert Leistungen zum Einsatz, das auf ca. 300 Kennzahlen basiert. Die Bio-Landwirte wurden unter anderem nach der Form der Düngung oder der Herkunft von Futtermitteln befragt. Auch Themen wie Arbeitsplatzqualität und regionale Vernetzung spielten eine Rolle. Die Auswertungen beziehen sich auf Angaben zum Kalenderjahr 2020:

  • Die 16 Bio-Betriebe erwirtschafteten Nachhaltigkeitsleistungen von insgesamt 851.199 Euro pro Jahr. Bezogen auf die genutzte landwirtschaftliche Fläche entspricht dies 750 Euro pro Hektar.
  • Für die mehr als 180 Bio-Betriebe in der Erzeugergemeinschaft EZÖB von Neumarkter Lammsbräu errechnet sich damit ein theoretischer Nachhaltigkeitswert von mehr als 9,6 Mio. Euro.
  • Das Pilotprojekt zeigte dabei, dass die größten Betriebe nicht automatisch die größten Nachhaltigkeitsleistungen erzielen. Insbesondere kleinere Betriebe leisteten oftmals einen überproportional hohen Beitrag.
  • Die durchschnittlichen Nachhaltigkeitsleistungen pro Bio-Betrieb der EZÖB beliefen sich auf 53.200 Euro. Der durchschnittliche Nachhaltigkeitsgrad [1] betrug 72 %.
  • Auf den Bereich Ökologie entfielen pro Betrieb durchschnittliche Nachhaltigkeitsleistungen von 39.853 Euro, auf den Bereich Soziales 5.220 Euro und auf den Bereich Regionalökonomie 9.127 Euro.
  • Wird der errechnete durchschnittliche Nachhaltigkeitswert auf alle 35.716 Bio-Betriebe in Deutschland angelegt, errechnet sich ein theoretischer bundesweiter Nachhaltigkeitswert von rund 1,9 Mrd. Euro jährlich.

Johannes Ehrnsperger, Inhaber und Geschäftsführer von Neumarkter Lammsbräu: „Unser Pilotprojekt lieferte ein für den weiteren Ausbau der Bio-Landwirtschaft relevantes Detail: Gerade die kleineren Bio-Betriebe erzielen höhere Nachhaltigkeitsleistungen. Das ist ein klares Signal, dass es sich lohnt, bei der Agrarwende nicht nur an Großbetriebe zu denken und kleinere Betriebe auch mit fairer Bezahlung zu überzeugen. Zugleich zeigt der erreichte durchschnittliche Nachhaltigkeitsgrad von 72 %, dass auch vorbildliche Bio-Betriebe oft noch weitere Potenziale heben können.“

Lammsbräu finanzierte Teilnahme für Bio-Landwirte
Das Pilotprojekt hatte eine Laufzeit von drei Monaten. Dabei finanzierte Neumarkter Lammsbräu die Teilnahme der 16 Bio-Landwirte aus seiner regionalen Erzeugergemeinschaft EZÖB. Die vor mehr als 30 Jahren von Lammsbräu initiierte EZÖB zählt heute mehr als 180 Mitgliedsbetriebe, mit denen eine enge Zusammenarbeit besteht. Eines der wesentlichen Fundamente dieser stabilen Partnerschaft ist die faire Entlohnung der landwirtschaftlichen Betriebe, die bereits heute deutlich über den regulären Marktpreisen liegt und den langfristigen Erhalt der Höfe zum Ziel hat.

Die Ergebnisse der Regionalwert-Leistungsrechnung sind eine tragfähige Grundlage für eine individuell faire Entlohnung. Bio-Landwirte auch außerhalb der EZÖB können so transparent aufzeigen, welche Arbeiten sie jährlich für ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit in ihrer Region erbringen. Auf dieser Datengrundlage können Bauern fundiert

auf Handel, Verarbeiter und Politik zugehen und diese davon überzeugen, dass sich ihre Leistungen für das Gemeinwohl in den Lebensmittelpreisen spiegeln und durch öffentliche Mittel mitgetragen werden sollten. Damit trägt das Pilotprojekt von Neumarkter Lammsbräu und Regionalwert Leistungen dazu bei, in der Landwirtschaft künftig Leistung und nicht Fläche zu entlohnen, und liefert einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu leistungsgerechten Preisen in der Landwirtschaft, nicht zuletzt auch im Sinne des GAP-Strategieplans der Bunderegierung [2].

Weitere Infos zur Regionalwert-Leistungsrechnung unter www.regionalwert-leistungen.de
Weitere Infos zum Bio-Pionier Neumarkter Lammsbräu unter www.lammsbraeu.de

Pressekontakt Neumarkter Lammsbräu:

Haussmann Strategic Advisory
Pariser Platz 6a
10117 Berlin

Dr. Daniel Haussmann
+49-173-3015911
haussmann@haussmann-advisory.de

Frank Paschen
+49-172-5882166
paschen@haussmann-advisory.de

Pressekontakt Regionalwert Leistungen:

Sylke Franzen
PR- und Marketingmanagerin
Regionalwert Leistungen GmbH
Tel.: +49-7663-71395-36
s.franzen@rw-leistungen.de


[1] Regionalwert Leistungen ermittelt den Nachhaltigkeitsgrad anhand verschiedener Einflussgrößen, darunter wissenschaftliche Erkenntnisse, Expertise von Praktikern, Richtlinien der Anbauverbände, gesellschaftliche Wertbildung etc.
[2] Informationen zum GAP-Strategieplan unter diesem Link.




foodwatch vor Agrarministerkonferenz: “Brauchen nicht mehr industrielle Landwirtschaft, sondern weniger Nutztierhaltung und weniger Bio-Sprit”

Pressestatement

foodwatch vor Agrarministerkonferenz: “Brauchen nicht mehr industrielle Landwirtschaft, sondern weniger Nutztierhaltung und weniger Bio-Sprit”

Berlin, 29. März 2022. Vor der Agrarministerkonferenz am Mittwoch kritisierte die Verbraucherorganisation foodwatch die Debatte um Lebensmittelknappheit als Folge des Ukraine-Kriegs als Irreführung der Öffentlichkeit. Bundesagrarminister Cem Özdemir und seine Amtskolleg:innen der Bundesländer dürften jetzt nicht unter dem Vorwand des Ukraine-Krieges Klima- und Umweltschutzauflagen in der Landwirtschaft beschneiden, erklärte Jörg Rohwedder, Geschäftsführer von foodwatch International:

„Es ist verlogen, wie die Agrarindustrie in Deutschland jetzt angeblich ihr Herz für die Hungernden in der Welt entdeckt. Seit Jahren steigen die Zahlen hungernder Menschen weltweit wieder an – ohne, dass Bauernverband oder Agrarpolitiker:innen angemessen reagiert hätten. Die Landwirtschaftsbetriebe in Deutschland produzieren nicht etwa Getreide für die Ärmsten der Armen, sondern vor allem Fleisch und Milchprodukte für die EU und Schwellenländer mit hohem oder mittlerem Einkommen. Nur zwei Prozent der deutschen Agrarexporte gehen nach Afrika, gerade einmal 0,5 Prozent an die 47 am wenigsten entwickelten Länder. Die Wahrheit ist: Der deutschen Agrarwirtschaft geht es vor allem um eigene Gewinninteressen – und dafür braucht sie günstige Futtermittel.

Die Agrarindustrie nutzt den Ukraine-Krieg, um Klimaschutz- und Umweltschutzvorgaben auszuhöhlen. Unter dem Vorwand, den Hunger in der Welt zu bekämpfen, sollen Ökoflächen wieder intensiv bewirtschaftet werden oder der Einsatz von Pestiziden länger erlaubt sein. Doch 60 Prozent der Agrarfläche in Deutschland werden für den Anbau von Tierfutter blockiert, hinzu kommen massive Futtermittelimporte aus der ganzen Welt.
Die landwirtschaftliche Produktion würde auch dieses Jahr ausreichen, um alle Menschen der Welt zu ernähren. Hunger gibt es nicht, weil wir zu wenig produzieren, sondern weil wir das Falsche produzieren und es schlecht verteilen. Nicht einmal die Hälfte des weltweit angebauten Getreides wird direkt als Lebensmittel genutzt, der Großteil wird im reichen globalen Norden als Tierfutter verwendet und zu Treibstoff oder anderen Industrieprodukten verarbeitet. Cem Özdemir und seine Amtskolleg:innen in den Bundesländern dürfen nicht auf die Lobby-Einflüsterungen der Agrarindustrie eingehen: Um Hunger und Lebensmittelknappheit zu bekämpfen, brauchen wir nicht mehr industrielle Landwirtschaft, sondern weniger Nutztierhaltung und weniger Bio-Sprit!“

Quellen und weiterführende Hinweise:

  • Die Zahl der Hungernden weltweit steigt seit 2015 wieder an. Nach Angaben der Welternährungsorganisation waren 2020 weltweit 720 bis 811 Millionen Menschen unterernährt – jeder Zehnte. (Quelle: https://www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichts/hunger-im-ueberfluss.html
  • Die landwirtschaftliche Produktion würde ausreichen, um alle Menschen der Welt zu ernähren. Die Kalorienmenge, die jedem Menschen täglich zur Verfügung steht, stieg von 2.716 Kilokalorien (kcal) zur Jahrtausendwende auf 2.908 kcal in den Jahren 2016-2018. Selbst in Subsahara-Afrika stehen rechnerisch 2.386 kcal zur Verfügung, in Nordamerika und Europa sind es 3.502 kcal am Tag. (Quelle: Global Report on Food Crises 2019. Food Security Information Network, 2019; https://www.weltagrarbericht.de/fileadmin/files/weltagrarbericht/Weltagrarbericht/02Hunger/2019GRFCAbridged.pdf)
  • Von 2014 an war die Weltgetreideproduktion jedes Jahr höher als 2.600 Millionen Tonnen. Das waren jeweils etwa 15 Prozent oder 300 Millionen Tonnen mehr als die Ernte 2012 mit 2.305 Millionen Tonnen. Trotzdem wurden z.B. 2017 nur 43 Prozent des verwendeten Getreides (2,614 Milliarden Tonnen) direkt als Lebensmittel genutzt, 36 Prozent wurde als Tierfutter verwendet und der Rest zu Treibstoff oder anderen Industrieprodukten verarbeitet. (Quellen: FAO Food and Security Indicators. Food and Agriculture Organization, Oktober 2019 sowie https://www.fao.org/worldfoodsituation/csdb/en/
  • Rund neun Zehntel der wertmäßigen deutschen Agrarexporte gehen in entwickelte Volkswirtschaften mit hohem Einkommen; im Jahr 2017 wurden nur 2,0 Prozent der deutschen Agrarexporte nach Afrika und lediglich 1,3 Prozent in die Länder Sub-Sahara-Afrikas ausgeführt. Nur 0,5 Prozent der deutschen Agrarexporte gingen in die am wenigsten entwickelten Länder (LDC). (Quelle: BMEL https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Agrarexporte-verstehen.pdf?__blob=publicationFile&v=6)

Pressekontakt:

foodwatch e.V.
Andreas Winkler
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Breites Bündnis gegen Marktmacht der Megakonzerne – Neue Initiative fordert schärfere Fusions- und Missbrauchskontrolle und stellt Rechtsgutachten vor

Berlin, 09.01.2018. Wichtige Märkte sind in den Händen von immer weniger Mega-Konzernen. Dagegen stellt sich anlässlich des 60. Geburtstags des Bundeskartellamtes ein breites Bündnis von 24 Umwelt-, Landwirtschafts-, und Entwicklungsorganisationen. Ihre Forderung an die nächste Bundesregierung: Das Kartellrecht verschärfen, um die Marktmacht von Konzernen zu begrenzen. Die Marktkonzentration ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass sie kleinere Unternehmen stark benachteiligt. Zulieferer, Bauern und Bäuerinnen und Arbeiter/innen in Produktionsländern können sich gegen übermächtige Unternehmen kaum durchsetzen. Letztlich wird so die soziale Ungleichheit verschärft.

Das Bündnis „Konzernmacht beschränken“ fordert die Politik auf, den gefährlichen Trend zu immer mehr Marktkonzentration zu stoppen: Fusionen sollten schon bei Unternehmen mit einem Marktanteil von 20 Prozent verboten werden können. Zusammenschlüsse über mehrere Produktions- und Handelsstufen hinweg müssen häufiger untersagt werden. Zudem sollten Unternehmen zu mehr Transparenz verpflichtet werden und ihre Firmenstrukturen, Marktsegmente, Verflechtungen und Lobbyaktivitäten offenlegen müssen. In hochkonzentrierten Märkten braucht das Kartellamt ein schlagkräftiges Instrument, um als letztes Mittel Konzernteile oder Geschäftsfelder übermächtiger Konzerne abzukoppeln.

Unterstützung bekommt das Bündnis von Prof. Dr. Tobias Lettl, Professor für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht an der Universität Potsdam, der für Oxfam ein Gutachten erstellt hat. „Die Fusionskontrolle greift nicht in hochkonzentrierten Märkten“, attestiert Lettl und empfiehlt Eingriffe des Staats: „Um etwa im IT-Sektor und dem Pestizid- und Saatgutgeschäft den Wettbewerb wiederzubeleben, sollten als letztes Mittel staatliche Eingriffe möglich gemacht werden, um Konzernstrukturen zu entflechten“, erklärt Prof. Lettl.

IT-Bereich: Bedrohliche Manipulationsmacht durch Daten-Monopole

Im Werbemarkt und bei der Suche im Internet hat Google faktisch eine Monopolstellung und ist für viele Nutzer der zentrale Zugang zum Internet geworden. Durch seine vielen weiteren „Gratis“-Dienste wie E-Mail, den Routenplaner Maps, die Dokumentenverwaltung Docs, die Videoplattform Youtube, den Browser Chrome und das Smartphone-Betriebssystem Android sammelt Google exzessiv Daten. Google weiß, wer wir sind, was wir denken, was wir fürchten und was uns wichtig ist, und gewinnt damit Macht über die öffentliche Meinung. Das ist auch bei Facebook, das 75 Prozent der mobilen Kommunikationsdienste kontrolliert, höchst problematisch. Rena Tangens von Digitalcourage fordert: „Die Politik muss endlich den Mut haben, diese kommerziellen Plattformbetreiber zu regulieren, Monopole aufzulösen und die Datensammlung und -auswertung wirksam zu beschränken.“

Agrarsektor: Marktkonzentration gefährdet Demokratie und Ernährungssouveränität

„Je größer die Konzerne, desto mehr Macht und finanzielle Mittel haben sie, die Politik und Märkte in ihrem Sinne zu beeinflussen“, kritisiert Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Die geplante Fusion von Bayer und Monsanto sollte die EU-Kommission deswegen ablehnen. „Die Politik muss verhindern, dass Bauern einseitig von Konzernen abhängig werden. Dies beinhaltet auch, das Pestizid- und Saatgutgeschäft im Rahmen einer Entflechtung zu trennen“, so Janßen. Lena Michelsen vom INKOTA-netzwerk ergänzt: „Die Marktkonzentration bei Saatgut- und Pestiziden bedroht die Ernährungssouveränität weltweit und insbesondere die Lebensgrundlagen von Kleinbauern und Kleinbäuerinnen im globalen Süden. Deshalb fordern wir eine vielfältige Landwirtschaft mit lokal angepasstem Saatgut.“

Automobilindustrie: Keine Konsequenzen bei Verfehlungen

Die Autokonzerne in Deutschland sind enorm mächtig und eng mit der Politik verflochten. Auch nach dem Diesel-Skandal dürfen sie Pkw auf den Markt bringen, die den Grenzwert für gesundheitsschädliche Stickoxide um teils mehrere hundert Prozent überschreiten. „Es ist unglaublich, dass die Autokonzerne die Gesundheit der Menschen und das Klima schädigen, ohne dass dies Konsequenzen hat“, kritisiert Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Der deutsche Staat muss kriminelles Fehlverhalten zukünftig konsequent ahnden und nach dem Vorbild Frankreichs hohe Strafzahlungen gegen das gesetzeswidrige Verhalten der Automobilkonzerne verhängen.“

Lebensmittelsektor: Supermärkte sind Türsteher des deutschen Markts

Die vier größten Lebensmittelkonzerne Edeka, Rewe, Aldi und Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) verfügen bereits über einen Marktanteil von 85 Prozent. „Die großen Supermärkte sind die Türsteher für den deutschen Markt und nutzen diese zentrale Position gnadenlos aus“, kritisiert Frank Braßel, Leiter Arbeitsbereich Wirtschaftliche Gerechtigkeit bei Oxfam Deutschland. „Die Preise, die liefernden Landwirten gezahlt werden, sind zu niedrig, um ihre Kosten zu decken und die Arbeiter/innen müssen unter menschenunwürdigen Bedingungen für Hungerlöhne schuften. Für solche Versäumnisse braucht es dringend eine unabhängige Beschwerdestelle, die anonym vorgebrachte Missbrauchsfälle untersucht und sanktioniert.“

Hinweis an die Redaktionen:

Hier finden Sie das Plattformpapier des neu gegründeten Bündnisses.
Das vollständige Rechtsgutachten von Prof. Dr. Lettl steht hier zum Download bereit.
Interviews mit den Experten der jeweiligen Organisationen vermitteln wir gerne.

Das Bündnis „Konzernmacht beschränken“ wird getragen von:

Agrar Koordination, Aktion Agrar, Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt, Arbeitsgemein­schaft bäuerliche Landwirtschaft, BUKO Pharma-Kampagne, Bund für Umwelt und Naturschutz, Deutscher Naturschutzring, Deutsche Umwelthilfe, Die Freien Bäcker, Digitalcourage, Finance Watch, Forum Fairer Handel, Forum Umwelt & Entwicklung, Germanwatch, Global Policy Forum, Goliathwatch, INKOTA-netzwerk, Oxfam, PROVIEH, Seeds Action Network, Slow Food, Umweltinstitut München, Weltladen-Dachverband, Werkstatt für Ökonomie.

Pressekontakt:

Annika Zieske, Tel.: 030-45 30 69 715, E-Mail: azieske@oxfam.de

Oxfam ist eine internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation, die weltweit Menschen mobilisiert, um Armut aus eigener Kraft zu überwinden. Dafür arbeiten im Oxfam-Verbund 20 Oxfam-Organisationen Seite an Seite mit rund 3.250 lokalen Partnern in mehr als 90 Ländern.

Mehr unter www.oxfam.de

Oxfam Deutschland e.V.
Am Köllnischen Park 1
10179 Berlin
Deutschland




Neue verfassungsrechtliche Bedenken gegen CETA – Einladung zum Pressegespräch

Neue verfassungsrechtliche Bedenken gegen CETA
Wie kann CETA im Bundesrat verhindert werden?
Wie steht es um JEFTA, TTIP, TISA und die anderen Handelsabkommen der EU?

Zeit: Mittwoch, 5.Juli 2017, 10:30 Uhr
Ort: Habel am Reichstag, Luisenstraße 19, 10117 Berlin (unter den S-Bahn-Bögen)

Sehr geehrte Damen und Herren,

kurz vor dem G20-Gipfel sind die Handelsabkommen wieder in der Debatte. Bei JEFTA, dem Abkommen mit Japan, zeigt sich, dass die EU aus CETA und TTIP offenbar nichts gelernt hat. Die Handelsabkommen dieses neuen Typs gefährden die Souveränität der Mitgliedstaaten und sind verfassungsrechtlich bedenklich – das zeigt ein aktuelles Rechtsgutachten des renommierten Verfassungsexperten Prof. Dr. Martin Nettesheim (Universität Tübingen) am Beispiel CETA. Bundesrat und Bundestag könnten CETA, das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada, noch stoppen – und der Bundesrat hat auch das Recht dazu.

Zur Darstellung des rechtlichen Sachverhaltes, der Hintergründe und der Gefahren für das föderale System laden wir Sie zum Pressegespräch ein. Wir stellen Ihnen auch vor, wie es um TTIP, JEFTA und TISA steht.

Als Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner stehen Ihnen zur Verfügung:

Prof. Dr. Martin Nettesheim
Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht und Völkerrecht, Universität Tübingen

Thilo Bode
Geschäftsführer foodwatch International

Roman Huber
Geschäftsführender Bundesvorstand Mehr Demokratie

Maritta Strasser
Teamleiterin Kampagnen Campact

Für eine Rückmeldung, ob wir mit Ihrem Kommen rechnen dürfen, wären wir Ihnen zur besseren Planung sehr dankbar – formlos telefonisch unter (0 30) 24 04 76 – 290 oder per Mail an presse@foodwatch.de.

Kontakt
Foodwatch
Andreas Winkler
Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

(0 30) 24 04 76 – 290
Mail: presse@foodwatch.de




Ein fester Platz für den Dialog zwischen Wirtschaft und grüner Politik

Gemeinsame Pressemitteilung von MdB Dr. Thomas Gambke und UnternehmensGrün e.V.

Berlin, 20.6.2017: Ein fester Platz für den Dialog zwischen Wirtschaft und Grünen: Der bisher von der Grünen Fraktion im Bundestag organisierte ‚Gesprächskreis Nachhaltige Unternehmen‘ soll intensi-viert werden – künftig wird UnternehmensGrün den organisatorischen Rahmen bieten.

Damit wird die Zusammenarbeit zwischen Bundespartei, Landesverbänden und insbesondere auch den Grünen Regierungsmitgliedern in den Ländern fortgeführt und verstetigt. Der frühere SCHOTT-Manager und Unternehmer Dr. Thomas Gambke, MdB, wird den Kreis auch nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im Herbst leiten. UnternehmensGrün wird als parteipolitisch unabhängiger Bundesverband der nachhaltig orientierten Wirtschaft den organisatorischen Rahmen für den Gesprächskreis bieten. Diese Initiative wurde von Vertretern der im Gesprächskreis vertretenen Unternehmen ausdrücklich unterstützt – eine intensive weitere Zusammenarbeit wurde vereinbart.

Das Netzwerk funktioniert in zwei Richtungen: Einerseits nutzen die Unternehmen regelmäßig die Möglichkeit, ihre Anliegen an grüne Politik heranzutragen. Andererseits können Ideen aus der grünen Bundestagsfraktion im Kreis von Unternehmerinnen und Unternehmern auf Praxistauglichkeit und Umsetzbarkeit geprüft werden.

Dr. Thomas Gambke (MdB Bündnis 90/ Die Grünen und Mittelstandsbeauftragter): „In den zurück-liegenden Jahren habe ich in vielen Unternehmen eine breite Unterstützung für eine nachhaltige und damit ökologische und soziale Ausrichtung erlebt. Zugleich aber auch viel Gesprächsbedarf zu Rah-menbedingungen, die – langfristig geltend – eine solche Ausrichtung oft erst möglich machen. Den notwendigen Austausch zu Ideen und Konzepten und Umsetzung in einem rechtlichen Rahmen will ich mit dem Gesprächskreis Nachhaltige Unternehmen intensivieren und verbreitern – vor allem auch mit den Kompetenzen grüner Regierungsbeteiligung in den Ländern.“

Kerstin Andreae,die stellvertretende Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion begrüßt die Zusammenarbeit und sichert ihre Unterstützung zu. „Der Austausch zwischen grüner Wirtschaft und grü-ner Politik ist wichtiger denn je. Gerade das Thema Gründungen sowie Forschungs- und Entwicklungs-förderung ist dabei für eine zielgerichtete Wirtschaftspolitik essenziell.“

Anlässlich der Staffelstabübergabe erklärt Martina Merz, Inhaberin einer Agentur und Vorständin von UnternehmensGrün: „Die ökologische Transformation kann nur gemeinsam mit Wirtschaftsak-teuren und Politik umgesetzt werden. Wirtschaft und Politik müssen sich ständig dazu austauschen, wo die Hemmnisse für eine ökologisch und sozial ausgerichtete Wirtschaft liegen.“

Gottfried Härle, Brauereiunternehmer und Vorstand von UnternehmensGrün, ergänzt: „Die Politik kann von den Erfahrungen unserer Pionierunternehmen lernen und auf das breite Know-how bauen, das bei unseren Mitgliedsunternehmen vorhanden ist. Hierbei kommt auch unser branchenübergrei-fender Ansatz zum Tragen.“

Das nächste Treffen findet im November 2017 statt. Mit der Teilnahme des hessischen Ministers für Wirtschaft, Energie und Verkehr, Tarek Al-Wazir, wird dabei ein erster wichtiger Schritt zur Einbindung der Länder unternommen werden. Dabei werden die relevanten aktuellen Themen: Ressourcen- und Energieeffizienz, Digitalisierung und Mobilität sowie Recycling als inhaltliche Schwerpunkte die nächs-ten Treffen bestimmen. Daneben stehen auch die Weiterentwicklung von Organisationsformen (z.B. Genossenschaften, Sozialunternehmen) sowie Gründungen und Forschungs- und Entwicklungsförde-rung vor allem für kleine und mittlere Unternehmen auf der Agenda des Gesprächskreises.

Pressekontakt:

Kai Weller
Agentur Ahnen&Enkel
0176 24569084




Politikdialog: Steuerwettlauf ins Bodenlose?

Presseeinladung: 7.3.2017, 16.00-18.30, Berlin

Dialogforum Steuergerechtigkeit für Entwicklung diskutiert die Rolle Deutschlands und der G20 bei der Besteuerung multinationaler Unternehmen

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

durch die Steuervermeidung von Unternehmen verlieren arme Länder mindestens 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr, die EU sogar eine Billion Euro. In den vergangenen Jahren haben die G20 im Rahmen ihres Aktionsplans gegen die Gewinnkürzung und -verlagerung von Unternehmen (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS) erste Maßnahmen ergriffen, um dem entgegenzutreten. Gleichzeitig droht nach den Ankündigungen aus den USA und Großbritannien, massive Steuersenkungen für Unternehmen vornehmen zu wollen, eine neue Runde im internationalen Steuerwettlauf nach unten.

Wie entwicklungsfreundlich sind die bisherigen Beschlüsse auf G20-Ebene? Welche weiteren Initiativen müssen in den kommenden Jahren hinsichtlich einer angemessenen Besteuerung von Unternehmen Ebene ergriffen werden? Und welche Akzente kann die deutsche G20-Präsidentschaft 2017 setzen?

Diesen Fragen widmet sich das Dialogforum Steuergerechtigkeit für Entwicklung in einer öffentlichen Diskussion zwischen Vertreterinnen und Vertretern von Regierung, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik, zu der Oxfam Deutschland, das Netzwerk Steuergerechtigkeit und WEED (Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung) herzlich einladen.

Wann? Dienstag, 7. März, 16:00-18:30

Wo? 10117 Berlin, Johannisstraße 2, Kalkscheune

Begrüßung: Marion Lieser, Geschäftsführerin Oxfam Deutschland

Key Note: Annet Oguttu, Professorin für Steuerrecht an der University of South Africa, Pretoria

Video Statement: Antoine Deltour, Whistleblower im Luxemburg-Leaks-Skandal

Es diskutieren:

Annet Oguttu, Professorin für Steuerrecht an der University of South Africa, Pretoria
Michael Sell, Leiter der Steuerabteilung, Bundesministerium der Finanzen
Francis Weyzig, Experte für Steuergerechtigkeit, Oxfam Niederlande
Moderation: Tanja Samrotzki, Journalistin

Die Veranstaltungssprache ist Deutsch. Eine Simultanübersetzung Deutsch-Englisch-Französisch wird angeboten.

Hinweis an Redaktionen:

Das Dialogforum ist keine spezielle Presseveranstaltung, Medienvertreter/innen sind jedoch eingeladen teilzunehmen. Fragen aus dem Publikum sind gestattet.

Einige der Diskussionsteilnehmer/innen stehen nach Abschluss der Veranstaltung auch für weiterführende Gespräche und Interviews zur Verfügung. Ebenso folgende Experten:

Markus Henn, Referent für Finanzmärkte, Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung – WEED e.V.
Dereje Alemayehu, Chair, Coordination Committee Global Alliance for Tax Justice
Tobias Hauschild, Referent Entwicklungsfinanzierung, Oxfam Deutschland e.V.

Pressekontakt:

Steffen Küßner, Tel.: 030-45 30 69 710, E-Mail: skuessner@oxfam.de

Oxfam ist eine internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation, die weltweit Menschen mobilisiert, um Armut aus eigener Kraft zu überwinden. Dafür arbeiten im Oxfam-Verbund 19 Oxfam-Organisationen Seite an Seite mit rund 3.500 lokalen Partnern in mehr als 90 Ländern.

Mehr unter www.oxfam.de




Neue SÜDWIND-Fact Sheets zur „Agenda 2030 – Nachhaltige Entwicklungsziele (SDG)“ erschienen

Pressemitteilung

Bonn, 12.12.2016: Mit der Agenda 2030 einigte sich die internationale Gemeinschaft im Jahr 2015 auf einen umfangreichen Orientierungsrahmen. Als Kernstück zur Umsetzung gelten die „Nachhaltigen Entwicklungsziele“ (Sustainable Development Goals – SDG). Für ihre Umsetzung besteht ein hoher Bedarf an Investitionen. Das ist Geld, das die Entwicklungsländer alleine nicht werden aufbringen können. Die internationale Gemeinschaft setzt angesichts knapper Kassen stark auf private Unternehmen und Investoren. Für entsprechende Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor werden auch Finanzmittel aus der Entwicklungszusammenarbeit bereitgestellt. SÜDWIND hat hierzu zwei Fact Sheets veröffentlicht und zeigt auf, dass das Engagement des Privatsektors kein Eigenläufer zur Erreichung der SDG ist, sondern vielmehr in entsprechende Bahnen gelenkt werden muss.

Im Fact Sheet „Agenda 2030 – Nachhaltige Entwicklungsziele (SDG): Die Rolle des Privatsektors“ wird untersucht, für welche der 17 SDG der Privatsektor von besonderer Relevanz ist. „Das Potenzial privater Investitionen ist sehr groß, gleichzeitig müssen aber auch die Risiken im Auge behalten werden“, meint Irene Knoke, Autorin der Fact Sheets. Das SDG 8 beispielsweise, bei dem es um Fragen des Wirtschaftswachstums geht, beinhaltet produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit gleichrangig. „Wachstum ist kein Wert für sich allein, sondern wird nur zum Ziel, wenn es allen gleichermaßen nutzt. Das ist nicht automatisch der Fall“, so Knoke weiter. „Hier ist die Privatwirtschaft ganz klar gefordert, denn noch immer gibt es in den globalen Lieferketten teilweise große Missstände bis hin zu Kinderarbeit und Sklaverei. Das ist nicht hinnehmbar und mit den SDG unvereinbar.“

Das Potential der Privatwirtschaft hat auch die Entwicklungszusammenarbeit erkannt und stärker ins Zentrum ihres Handelns gerückt. Das Fact Sheet „Agenda 2030 – Nachhaltige Entwicklungsziele (SDG): Kooperationen mit dem Privatsektor“ beschäftigt sich mit verschiedenen Kooperationsformen zwischen dem öffentlichen Sektor und der Privatwirtschaft, die im Rahmen der SDG noch weiter an Bedeutung gewinnen werden. Am bekanntesten sind die öffentlich-privaten Partnerschaften (PPP). Die Erfahrungen sind hier aber durchaus sehr gemischt. „Viele Probleme wie fehlender Zugang zu Wasser- und Elektrizitätsversorgung und Telekommunikationsinfrastruktur konnten mit Hilfe von PPP nicht kostengünstig und effizient gelöst werden“, sagt Pedro Morazan, Mitautor der Fact-Sheets. „Es gibt sogar Beispiele, die zeigen, dass manche Dienstleistungen über Gebühren so verteuert wurden, dass sie den Zugang für die Armen sogar erschwert haben. Auch die versprochenen Verbesserungen in der Qualität von Dienstleistungen wurden oft nicht erreicht“, so Morazan weiter.

„Mit besonderer Sorge sehen wir aber auch das sogenannte Blending“, meint Morazan. Beim Blending werden öffentliche Zuschüsse risikomindernd eingesetzt, so dass Kapital vom freien Kapitalmarkt angelockt und mit diesen Zuschüssen gemischt wird. Damit soll auch das immense Investitionspotential von institutionellen Investoren wie Pensionsfonds oder Versicherungen genutzt werden. „Diese auf den ersten Blick vielleicht charmante Idee ist aber gerade für die ärmsten Länder völlig ungeeignet, denn von allen Formen der finanziellen Zusammenarbeit ist Blending die teuerste. Angesichts des hohen Anteils von Krediten zu Marktkonditionen steigt eher das Verschuldungsrisiko, als dass man dies als Entwicklungshilfe bezeichnen könnte.“

Eine Beteiligung des Privatsektors wird zur Erreichung der SDG unerlässlich sein, es müssen aber Vorkehrungen getroffen werden, dass solche Investitionen auch im Sinne der SDG ausgestaltet werden. SÜDWIND fordert u.a. die Entwicklung von legal verpflichtenden Instrumenten, um die Tätigkeit von multinationalen Unternehmen zu regulieren und Menschenrechtsverletzungen auszuschließen, sowie regelmäßige Wirkungsevaluierungen von Auswirkungen auf Umwelt, Menschenrechte und Gendergerechtigkeit im Vorfeld von Handels- und Investitionsvereinbarungen.

SÜDWIND wird in diesem von Engagement Global im Auftrag des BMZ und von der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen geförderten Projekt „Privatsektor und SDG“ bis Ende 2017 3 Studien und 5 Fact Sheets veröffentlichen und eine Tagung in Bonn ausrichten.
Die Fact Sheets können hier oder über info@suedwind-institut.de bestellt werden und stehen auch zum Download zur Verfügung.

Kontakt:
Irene Knoke
Telefon: 0228- 763698-13
E-Mail: knoke@suedwind-institut.de

Vera Schumacher
Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising /
Public Relations and Fundraising
SÜDWIND e.V. – Institut für Ökonomie und Ökumene
Kaiserstraße 201
53113 Bonn

Tel.: +49 (0)228-763698-14
Fax: +49 (0)228-763698-22

E-Mail: schumacher@suedwind-institut.de
Website: www.suedwind-institut.de




Freihandel: Rindfleischerzeugung in Deutschland und Europa schutzlos ausgeliefert

Pressemitteilung

Berlin, 18. November 2016:
Die EU hat in einer Studie die wirtschaftlichen Auswirkungen von zwölf geplanten Handelsabkommen auf den Agrar- und Lebensmittelsektor untersucht. Verlierer sind demnach u.a. Unternehmen aus den Bereichen Schaf-, Rindfleisch, Geflügel, Reis und Zucker – hier würde sich die europäische Handelsbilanz deutlich verschlechtern. Die Wirtschaftsinitiative KMU gegen TTIP kritisiert außerdem, dass die Studie nur den Abbau von Zöllen untersucht. Welche Qualität unsere Landwirtschaft in Zukunft habe, entscheide sich aber gerade bei den verhandelten Verbraucher- und Umweltschutzstandards.

„Die Studie zeigt, dass ganze Sektoren, wie die europäische Rindfleischproduktion, durch den Freihandel benachteiligt werden“, so Gottfried Härle, Inhaber der Brauerei Clemens Härle und Mitinitiator von KMU gegen TTIP. Negativ zu Buche schlagen hier vor allem die geplanten Abkommen mit Südamerika und Australien. Die Einfuhr von Rindfleisch in die EU könnte um bis zu 356.000 Tonnen zunehmen. Der Preisdruck auf die Rinderhalter wird durch die erwartete Wachstumsrate von 0,7 Prozent bei den Milchproduzenten sogar noch zunehmen: Da zwei Drittel der europäischen Rindfleischproduktion von Milchkühen stammt, müsse je nach Szenario mit einem Preisverfall zwischen 8 und 16 Prozent gerechnet werden.

Weitere Verlierer der Freihandelsabkommen sind der Studie zufolge Reis (-2% europäische Produktion), Geflügel (-1,3%) und Zucker (-1%). „Das steht im scharfen Kontrast zur Darstellung der Kommission, die in der Studie ein „allgemein positives Bild“ sieht – besonders, da die traditionell mediterranen Produkte Obst und Gemüse, Olivenöl und Wein und verarbeitete Lebensmittel in der Studie nicht analysiert wurden“, so Härle. Ganze 70 Prozent des europäischen Lebensmittel-Exports bleiben damit durch die Studie unkommentiert.

Härle kritisiert vor allem, dass die Studie ausschließlich die Auswirkungen des Abbaus von Zöllen auf den Handel untersucht. Dabei stehen bei Abkommen wie CETA und TTIP auch Verbraucher- und Umweltstandards zur Verhandlung. „Gerade bei diesen nichttarifären Bestimmungen entscheidet sich, welche Qualität wir in Zukunft in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion haben wollen“, so Härle.

Untersucht hat die Studie die Auswirkungen der Abkommen mit der Türkei und Mexiko (bestehende Abkommen), mit Kanada (CETA) und Vietnam (Verhandlungen abgeschlossene, aber noch nicht vollständig in Kraft), mit den USA (TTIP), den südamerikanischen Mercosurländern, Japan, Thailand, Indonesien, den Philippinen (Abkommen in Verhandlung) und mit Australien und Neuseeland (Abkommen geplant).

Über KMU gegen TTIP

Die Wirtschaftsinitiative „Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gegen TTIP“ wurde im Herbst 2015 von fünf Unternehmen aus unterschiedlichen Bundesländern gegründet, schnell schlossen sich mehr als 2.500 Unternehmen dem Aufruf an. Die Arbeitsgemeinschaft möchte zu einer differenzierten Diskussion um CETA, TTIP und TiSA beitragen und kritischen Stimmen aus den Reihen der Wirtschaft Gehör verschaffen.

In der Reihe TTIP in der Diskussion ist bisher erschienen:

– TTIP und Maschinenbau/Elektronikindustrie (www.kmu-gegen-ttip.de/content/download/1616/40948/file/160204_Pressemitteilung_KMU_gegen_TTIP_Factsheet%20Maschinenbau.pdf)
– TTIP und Handwerk (www.kmu-gegen-ttip.de/content/download/1629/40989/file/160608_Faktenblatt_TTIP_in_der_Diskussion_Handwerk.pdf)
– TTIP und Gesundheitswesen/Pharma (www.kmu-gegen-ttip.de/content/download/1633/41001/file/160713_TTIP_in_der_Diskussion_PharmaGesundheitswesen.pdf)
Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.kmu-gegen-ttip.de.

Kontakt

Arbeitsgemeinschaft „KMU gegen TTIP DE“ // info@kmu-gegen-ttip.de
facebook.com/KMUgegenTTIP // twitter.com/KMUgegenTTIP_DE

Pressekontakt

Kai Weller, Agentur Ahnen&Enkel
Mail: weller@ahnenenkel.com
Mobil: 0176 24569084