Netto Markendiscount stoppt Verkauf von mineralölbelastetem Adventskalender

Pressemitteilung

– foodwatch fordert öffentlichen Rückruf – stiller Rückruf nicht ausreichend
– Mineralölverunreinigung war Netto-Kooperationspartner WWF schon länger bekannt
– Gesetzgeber darf Lebensmittelsicherheit nicht den Unternehmen überlassen

Berlin, 25. November 2016. Netto Markendiscount hat den Verkauf seines mineralölbelasteten Schokoladen-Adventskalenders gestoppt. Das bestätigten Mitarbeiter des Lebensmittelhändlers am Freitag gegenüber der Verbraucherorganisation foodwatch. Am Mittwoch waren auf Antrag von foodwatch Untersuchungsergebnisse des bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bekannt geworden, denen zufolge der Kalender “Santa Claus in town”, von Netto Markendiscount in Kooperation mit der Umweltorganisation WWF angeboten, mit aromatischen Mineralölen (MOAH) verunreinigt ist. MOAH gelten als potenziell krebserregend und erbgutschädigend.

foodwatch forderte den Lebensmitteldiscounter auf, nicht nur einen “stillen” Rückruf – also einen Verkaufsstopp – zu veranlassen, sondern einen öffentlichen Rückruf. Das Handelsunternehmen Norma hat zwei ebenfalls belastete Adventskalender der Firma Rübezahl bereits am Mittwoch öffentlich zurückgerufen. “Es ist die Verantwortung von Netto Markendiscount, jetzt auch all diejenigen zu informieren, die das belastete Produkt bereits gekauft haben. Kein Kind sollte diese Schokolade verzehren”, sagte Johannes Heeg von foodwatch.

Die Belastung war zudem schon länger bekannt als bisher angenommen. Nach eigenen Angaben hatte WWF Anfang November einen Adventskalender von Netto Markendiscount im Labor analysieren lassen – auch hierbei wurden aromatische Mineralöle nachgewiesen. Der Prüfbericht des Labors trägt das Datum 14.11. – weder der WWF noch Netto Markendiscount machten die Ergebnisse zunächst jedoch publik, das Handelsunternehmen beließ den Adventskalender im Sortiment. Auch der WWF forderte offenbar keinen Rückruf sondern ließ es zu, dass der belastete Adventskalender mit aufgedrucktem WWF-Logo weiterhin an Kinder bzw. Eltern verkauft wurde. Erst nachdem die Belastung neun Tage später, am 23.11., durch die von foodwatch beantragte Veröffentlichung des bayerischen Landesamts ohnehin publik wurde, informierte der WWF über die eigene Messung. Er erklärte am 23.11. zudem, kein Geld aus dem Erlös der Kalender von Netto Markendiscount annehmen zu wollen. Ursprünglich war geplant, dass der WWF je verkauften Kalender einen Euro für Artenschutzprojekte erhalten sollte.

Der Fall Netto Markendiscount zeigt aus Sicht von foodwatch beispielhaft, dass der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Mineralölen in Lebensmitteln nicht den Unternehmen überlassen werden darf:

– Das Mineralölproblem war lange bekannt: Bereits 2015 hatte Netto Markendiscount den Messungen des bayerischen LGL zufolge einen MOAH-belasteten Adventskalender im Verkauf. Damals klagte das Unternehmen sogar gegen die Veröffentlichung der Behördendaten vor Weihnachten, verlor jedoch in zwei Instanzen.
– 2016 bringt Netto Markendiscount dennoch erneut einen MOAH-belasteten Kalender in den Handel. Nach Darstellung des WWF gab es zwar Anstrengungen zur Vermeidung von Mineralöl, etwa durch eine sorgfältige Auswahl der Verpackungsmaterialien – diese betrafen aber offenkundig nicht alle möglichen Mineralölquellen und konnten die MOAH-Verunreinigung der Schokolade nicht verhindern.
– Am 14.11. stellt das renommierte Berliner Institut Kirchhoff den Prüfbericht für eine vom WWF beauftragte Analyse aus. Sie zeigt, dass der Kalender von Netto-Markendiscount erneut mit MOAH belastet ist.
– Am 23.11. veröffentlicht das LGL auf Antrag von foodwatch entsprechende Untersuchungsergebnisse. Nun macht auch der WWF seinen Prüfbericht publik. Der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft BLL erklärt am selben Tag, dass ein Rückruf nicht erforderlich sei. Netto-Konkurrent Norma bewertet dies offenbar anders und ruft die von ihm vertriebenen, MOAH-belastete Schokoladenkalender öffentlich zurück – Netto Markendiscount zunächst nicht.

“Messdaten werden gar nicht erst publik oder erst spät, belastete Produkte kommen dennoch in den Handel, der Branchenverband wehrt sich mit Händen und Füßen gegen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit: Es gibt kaum einen Fall, in dem die Notwendigkeit regulativer Maßnahmen so offensichtlich ist wie bei der Mineralölproblematik in der Lebensmittelwirtschaft”, erklärte Johannes Heeg. “Bundesernährungsminister Christian Schmidt hat es in der Hand, per Verordnung sichere Grenzwerte festzulegen. Es gibt keinen guten Grund, dies weiterhin zu unterlassen.”

Erneut kritisierte foodwatch die Verharmlosungen der Gesundheitsgefährdung durch aromatische Mineralöle. Eine Verunreinigung mit MOAH sei selbst in geringer Konzentration gerade nicht “unbedenklich”. Eine solche Aussage widerspricht nach Auffassung von foodwatch dem Stand der Wissenschaft, der zufolge selbst Spuren aromatischer Mineralöle potenziell krebserregend und erbgutschädigend sind. So verweist die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA darauf, dass solange aromatische Mineralöle – gleich in welcher Konzentration – in einem Lebensmittel vorhanden sind, immer von einem erbgutverändernden Potenzial ausgegangen werden muss (“All MOH mixtures are mutagenic unless they are treated specifically to remove MOAH”).

Link:

– E-Mail-Aktion für einen besseren Schutz vor Mineralöl in Lebensmitteln: www.mineraloel-aktion.foodwatch.de

Quellen und weiterführende Informationen:

– LGL zur Adventskalender-Untersuchung: www.tinyurl.com/zglqwtd
– WWF zur Belastung des Netto-Markendiscount-Adventskalenders: www.wwf.de/netto-adventskalender/
– Prüfbericht der vom WWF beauftragten Laboranalyse: www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Netto-Adventskalender-Laboranalyse-Institut-Kirchhoff.pdf
– foodwatch-Hintergrundpapier Mineralöl: www.mineraloel-hintergrund.foodwatch.de
– Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu Mineralöl: www.tinyurl.com/ovgvtkz
– EFSA Scientific Opinion: www.tinyurl.com/p9kausf

Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Martin Rücker
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 – 2 90




Antrag bewilligt: Bayerische Behörde veröffentlicht Mineralöl-Tests für Adventskalender – foodwatch fordert bundesweit Transparenz über amtliche Analysen von Weihnachtsprodukten

Pressemitteilung

Berlin, 22. November 2016. Die Ergebnisse amtlicher Schokoladen-Adventskalender-Tests sollen veröffentlicht werden. Das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hat einem Antrag der Verbraucherorganisation foodwatch stattgegeben und angekündigt, die Analysen an diesem Mittwoch (23. November) auf seiner Internetseite unter lgl.bayern.de publik zu machen. Die Behörde hat nach eigenen Angaben fünf Schokoladen-Adventskalender auf Verunreinigungen mit Mineralölen untersucht. In den vergangenen Jahren waren gesundheitsrelevante, amtliche Testergebnisse entweder unter Verschluss gehalten oder erst kurz vor Weihnachten veröffentlicht worden, als der Großteil der Schokolade bereits verzehrt war. Formale Antragsverfahren sowie Gerichtsverfahren über mehrere Instanzen waren erforderlich, um die Nennung belasteter Produkte durchzusetzen.

foodwatch forderte die Lebensmittelbehörden in Bund und Ländern auf, alle ihnen bekannten Laborbefunde zu Weihnachtsprodukten unverzüglich publik zu machen. “Es muss endlich selbstverständlich werden, dass die Behörden gesundheitsrelevante Informationen über Lebensmittel von sich aus und ohne Zeitverzug öffentlich machen – das ist bis heute leider nicht der Fall”, sagte Johannes Heeg von foodwatch. “Alle bisherigen Bundesverbraucherminister haben es versäumt, gesetzlich eine aktive Veröffentlichung solcher Daten durch die Behörden zur Regel zu machen.”

Im vergangenen Jahr hatte foodwatch Bayern erst mit formlosen Anfragen an das LGL und das Verbraucherschutzministerium des Freistaats, dann mit einem förmlichen Antrag unter Berufung auf das Verbraucherinformationsgesetz zur Nennung der Analyseergebnisse bei Adventskalendern aufgefordert. Schließlich hatte Netto-Markendiscount, der 2015 einen belasteten Adventskalender vertrieben hatte, gegen die öffentliche Nennung geklagt – in zwei Instanzen jedoch verloren, abschließend vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Az.: 20 CS 15.2677). Durch die unnötigen Verzögerungen erfuhren die Verbraucherinnen und Verbraucher erst am 16. Dezember 2015 von den belasteten Adventskalendern. Ohne intensives Nachbohren wären die Produkte überhaupt nicht öffentlich benannt worden. Einen Verkaufsstopp der belasteten Produkte hatten die Behörden nicht angeordnet.

Besonders die sogenannten aromatischen Mineralöle (MOAH) sind in Lebensmitteln unerwünscht. Sie gelten als potenziell krebserregend und erbgutverändernd. Obwohl Schokolade und andere Lebensmittel immer wieder mit MOAH oder den potenziell organschädigenden gesättigten Mineralölen (MOSH) verunreinigt sind und sowohl Bundes- als auch Landesregierungen das damit einhergehende Gesundheitsrisiko anerkennen, hat der Gesetzgeber bislang keine Vorgaben zum Schutz der Verbraucher erlassen.

Link:
– E-Mail-Aktion für einen besseren Schutz vor Mineralöl in Lebensmitteln: www.mineraloel-aktion.foodwatch.de

Quellen und weiterführende Informationen:
– foodwatch-Pressemitteilung vom 16.12.2015 zur damaligen Veröffentlichung der Adventskalender-Testergebnisse durch das LGL: www.tinyurl.com/jhzz43u
– foodwatch-Pressemitteilung vom 17.12.2015 zum letztinstanzlichen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zur Klage von Netto-Markendiscount gegen die Veröffentlichung der Testergebnisse: www.tinyurl.com/zqm9xrl
– LGL Bayern zur Adventskalender-Untersuchung 2015 (Achtung, Daten vom Vorjahr – hier keine aktuellen Messergebnisse!): www.tinyurl.com/advent-bayern
– foodwatch-Hintergrundpapier Mineralöl: www.mineraloel-hintergrund.foodwatch.de
– Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu Mineralöl: www.tinyurl.com/ovgvtkz
– EFSA Scientific Opinion: www.tinyurl.com/p9kausf

Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Martin Rücker
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 – 2 90




Bayerischer Verwaltungsgerichtshof lässt Netto Marken-Discount abblitzen: Behörde darf Testergebnisse für Mineralöl in Adventskalender herausgeben

Pressemitteilung

Berlin, 17. Dezember 2015. Der Netto Marken-Discount ist mit dem Versuch gescheitert, die Veröffentlichung unliebsamer Testergebnisse per Gerichtsbeschluss zu stoppen. Wie von der Verbraucherorganisation foodwatch beantragt, darf das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) seine Messdaten für einen für das Handelsunternehmen hergestellten Adventskalender unter Nennung des Produktnamens herausgeben. Das entschied heute abschließend der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Az.: 20 CS 15.2677).

Nach Angaben des LGL wurden in der Schokolade des Adventskalenders “Santa Claus in Town”, hergestellt für Netto Marken-Discount, bereits im November 2015 Verunreinigungen mit aromatischen Mineralölen (MOAH) festgestellt. MOAH gelten als potenziell krebserregend und erbgutverändernd. Bei solchen Substanzen gibt es keine unbedenklichen Schwellenwerte – ein Risiko besteht, sobald MOAH in Lebensmitteln vorhanden sind. Nach übereinstimmender Einschätzung der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA, des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), des LGL und auch des Spitzenverbandes der deutschen Lebensmittelwirtschaft BLL sind MOAH in Lebensmitteln daher unerwünscht.

Dem LGL und dem bayerischen Verbraucherschutzministerium warf foodwatch schwere Versäumnisse vor. “Bereits Ende November hätten die Behörden in Bayern den Verkauf der Kalender stoppen und die Öffentlichkeit informieren können”, kritisierte foodwatch-Sprecher Martin Rücker. “Das Lebensmittelrecht gibt den Behörden die Möglichkeit, bei Gesundheitsrisiken sofort zu handeln und sofort zu informieren – es verpflichtet sie aber nicht dazu. Diese Ermessensspielräume müssen im Sinne des Gesundheitsschutzes endlich abgeschafft werden – hier ist Bundesernährungsminister Christian Schmidt am Zug.”

Das LGL hatte eigenen Angaben zufolge im November elf Adventskalender analysiert. Über die Untersuchung hatte die Behörde am 1. Dezember auf ihrer Internetseite berichtet, ohne dabei Messdaten und ohne die Namen der getesteten bzw. belasteten Produkte zu nennen. Weder stoppte das LGL den Verkauf der Produkte noch informierte sie die Verbraucherinnen und Verbraucher. Eine Anfrage von foodwatch auf Nennung der Namen ließen sowohl die Pressestelle des LGL als auch die des bayerischen Verbraucherschutzministeriums zunächst unbeantwortet. Am Donnerstag der vergangenen Woche startete foodwatch daraufhin eine E-Mail-Aktion unter www.adventskalender.foodwatch.de, über die in kurzer Zeit mehr als 17.000 Menschen Ministerin Ulrike Scharf aufforderten, die Namen öffentlich zu machen. Schließlich stellte foodwatch zudem einen förmlichen Antrag unter Berufung auf das Verbraucherinformationsgesetz (VIG). Das LGL gab dem Antrag statt und setzte in einem “Eilverfahren” immerhin auch die für solche Fälle geltenden Auskunftsfristen von zwei Monaten außer Kraft, die zu einer Veröffentlichung der Angaben frühestens im Februar 2016 geführt hätten. Zunächst jedoch bat die Behörde, wie beim VIG üblich, die betroffenen Unternehmen um Stellungnahme, wodurch eine Information der Öffentlichkeit weitere Tage nach hinten geschoben wurde. Als einziges Unternehmen ging Netto Marken-Discount gerichtlich gegen die Namensnennung vor – scheiterte jedoch zunächst vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg (Az.: RO 5 S 15.2163), am Donnerstag nun auch abschließend vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.

In einem Bericht der Online-Ausgabe der Mittelbayerischen Zeitung wird Netto Marken-Discount mit der Aussage zitiert: “Von dem genannten Produkt ging und geht zu keinem Zeitpunkt ein Risiko aus.” foodwatch kritisierte diese Aussage als sachlich falsch und grob verharmlosend, wie beispielhaft die folgenden Einschätzungen (Quellen siehe unten) zeigen:

– LGL über den MOAH-Nachweis: “…das Vorhandensein auch nur von geringen Bestandteilen einer potentiell krebserregenden Substanz […] unterliegt einem besonderen Informationsinteresse”.

– Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): “Die Auffassung des BfR, dass ein mögliches krebserzeugendes Potenzial der aromatischen Kohlenwasserstofffraktion nicht ausgeschlossen werden kann, wurde durch ein Gutachten der Europäischen Behörden für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aus diesem Jahr bestätigt. Deshalb sollte kein nachweisbarer Übergang von MOAH auf Lebensmittel stattfinden.” Und: “Zu der die MOAH-Fraktion ausmachenden komplexen Mischung aus überwiegend alkylierten aromatischen Kohlenwasserstoffen können auch krebserzeugende Substanzen gehören. Grundsätzlich sind solche Kontaminationen von Lebensmitteln unerwünscht.”

– Europäische Lebensmittelbehörde EFSA: “Because of its potential carcinogenic risk, the CONTAM Panel considers the exposure to MOAH through food to be of potential concern.” – “The MOAH fraction may be both mutagenic and carcinogenic” – “All MOH [mineral oil hydrogencarbonates, Anmerkung foodwatch] mixtures are mutagenic unless they are treated specifically to remove MOAH. The mutagenicity of MOH is caused mainly by 3-7 ring MOAH, including alkylated polycyclic aromatic hydrocarbons (PAHs) and non-alkylated PAHs.”

– Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft (BLL): “MOAHs sind “Stoffgemische, bei denen nicht auszuschließen ist, dass sich darunter Substanzen befinden, die kanzerogen wirken können” (EFSA-Stellungnahme vom 3. Mai 2012), weshalb sie als unerwünschte Einträge gelten.”

Link:

E-Mail-Aktion für einen besseren Schutz vor Mineralöl in Lebensmitteln: www.mineraloel-aktion.foodwatch.de

Quellen und weiterführende Informationen:

– Artikel auf mittelbayerische.de mit dem Zitat von Netto Marken-Discount: www.mittelbayerische.de/wirtschaft-nachrichten/streit-um-belastete-adventskalender-21840-art1320426.html

– Auskunft zu den laut LGL belasteten Kalendern einschließlich der Messwerte: www.tinyurl.com/auskunft-lgl

– Information zum Adventskalender von Netto Marken-Discount aus den Schriftsätzen zum Gerichtsverfahren: www.tinyurl.com/gericht-netto

– LGL Bayern zur Adventskalender-Untersuchung: www.tinyurl.com/advent-bayern

– LGL-Bescheid vom 14.12.: www.tinyurl.com/bescheid-lgl

– Erste foodwatch-Anfrage an das LGL und das bayerische Staatsministerium (9.12.): www.tinyurl.com/anfrage-bayern

– Förmlicher VIG-Antrag von foodwatch an das LGL (11.12.): www.tinyurl.com/vig-antrag-lgl

– LGL-Antwort auf den foodwatch-Antrag nach VIG (11.12.): www.tinyurl.com/antwort1-lgl

– foodwatch-Hintergrundpapier Mineral-Öl: www.mineraloel-hintergrund.foodwatch.de

– Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu Mineralöl: www.tinyurl.com/ovgvtkz

– EFSA Scientific Opinion: www.tinyurl.com/p9kausf

– BLL-Stellungnahme: www.bll.de/de/der-bll/positionen/bll-stellungnahme-foodwatch-studie-mineraloel

– Forschungsprojekt des BMELV 2012: download.ble.de/09HS012.pdf

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Adventskalender von Netto Marken-Discount laut Behörde mit riskanten Mineralölen belastet – Edeka-Tochter will Information der Öffentlichkeit durch bayerisches Landesamt vor Gericht verhindern – foodwatch veröffentlicht Produktnamen dennoch

Pressemitteilung

Berlin, 16. Dezember 2015. Die Handelskette Netto Marken-Discount will die bayerische Lebensmittelbehörde auf juristischem Wege von der Weitergabe einer gesundheitsrelevanten Information abhalten. Wie die Verbraucherorganisation foodwatch erfuhr, ist die Edeka-Tochter vor Gericht gezogen um zu verhindern, dass der Name eines nach Behördenangaben mit potenziell krebserregenden Mineralölen belasteten Adventskalenders öffentlich genannt wird. Das Verfahren gegen das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist bereits in zweiter Instanz vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig (Az 20 CS 15.2677). Das LGL hatte per Bescheid an diesem Montag angekündigt, Messergebnisse seiner Untersuchung von Adventskalendern am heutigen Mittwoch an foodwatch zu übermitteln und im Internet zu veröffentlichen. Dagegen geht Netto Marken-Discount vor. Das Verwaltungsgericht Regensburg hatte den Antrag binnen weniger Stunden zurückgewiesen (Az.: RO 5 S 15.2163), dagegen legte das Unternehmen Beschwerde ein.

Da die Verbraucherorganisation dem Verfahren beigeladen ist, hat sie jedoch die Schriftsätze der Netto-Anwälte per Fax erhalten – und damit auch Kenntnis von den relevanten Informationen. Sie macht sie daher unabhängig von einem endgültigen Gerichtsbeschluss ihrerseits öffentlich. Aus den Unterlagen geht hervor, dass nach den Dokumenten des LGL in folgendem Produkt riskante aromatische Mineralöle nachgewiesen wurden:

Adventskalender “Santa Claus In Town”, hergestellt für Netto Marken-Discount

“Netto Marken-Discount und sein Lieferant sind dafür verantwortlich, dass zahlreichen Kinder ein Gesundheitsrisiko beim Verzehr der Schokolade aus den Adventskalendern zugemutet wird. Es ist einfach nur widerlich, dass das Unternehmen jetzt auch noch versucht, eine Information der Öffentlichkeit vor Weihnachten zu verhindern”, erklärte foodwatch-Sprecher Martin Rücker. “Für uns ist es selbstverständlich, dass wir diese gesundheitsrelevanten Informationen öffentlich machen, nachdem wir sie auf Umwegen erhalten haben.”

Nach Angaben des LGL ergab die Messung eine Konzentration von 0,6 mg/kg aromatische Mineralöle (MOAH) in der Schokolade. Da MOAH nach Einschätzung der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA als potenziell krebserregend und erbgutverändernd gelten, besteht ein Risiko bei jeder noch so geringen Spur, einen sicheren Schwellenwert gibt es nicht. Die Handelskette Real hatte erst kürzlich ein niedriger belastetes Markenprodukt aus dem Verkauf genommen.

Das LGL hatte eigenen Angaben zufolge im November elf Adventskalender analysiert. Über die Untersuchung hatte die Behörde am 1. Dezember auf ihrer Internetseite berichtet, ohne dabei Messdaten und ohne die Namen der getesteten bzw. belasteten Produkte zu nennen. Die Kalender blieben also nicht nur im Verkauf, den Verbraucherinnen und Verbrauchern wurde zudem vorenthalten, welche Kalender verunreinigt sind. Eine Anfrage von foodwatch auf Nennung der Namen ließen sowohl die Pressestelle des LGL als auch die des Verbraucherschutzministeriums zunächst unbeantwortet. Am Donnerstag der vergangenen Woche startete foodwatch daraufhin eine E-Mail-Aktion unter www.adventskalender.foodwatch.de, über die in kurzer Zeit mehr als 17.000 Menschen Ministerin Ulrike Scharf aufforderten, die Namen öffentlich zu machen. Schließlich stellte foodwatch zudem einen förmlichen Antrag unter Berufung auf das Verbraucherinformationsgesetz (VIG). Das LGL gab dem Antrag statt und setzte in einem “Eilverfahren” immerhin auch die für solche Fälle geltenden Auskunftsfristen von zwei Monaten außer Kraft, die zu einer Veröffentlichung der Angaben frühestens im Februar 2016 geführt hätten. Zunächst jedoch bat die Behörde, wie beim VIG üblich, die betroffenen Unternehmen um Stellungnahme, wodurch eine Information der Öffentlichkeit weitere Tage nach hinten geschoben wurde.

Netto Marken-Discount ist nach Kenntnis von foodwatch das einzige Unternehmen, dass auf juristischem Wege eine Veröffentlichung der Angaben zu verhindern sucht. foodwatch geht davon aus, dass das LGL noch am heutigen Mittwoch die Namen offenbar belasteten Adventskalender anderer Hersteller übermitteln wird.

Dem LGL und dem bayerischen Verbraucherschutzministerium warf die Verbraucherorganisation schwere Versäumnisse vor. “Bereits Ende November hätten die Behörden in Bayern den Verkauf der belasteten Kalender stoppen und die Öffentlichkeit informieren können”, kritisierte foodwatch-Sprecher Martin Rücker. “Das Lebensmittelrecht gibt den Behörden die Möglichkeit, bei Gesundheitsgefahren sofort zu handeln und sofort zu informieren – es verpflichtet sie aber nicht dazu. Der Schildbürgerstreich rund um die Adventskalender zeigt, dass sich dies dringend ändern muss.” Erforderlich sei eine bundesgesetzliche Klarstellung, dass Informationen über Gesundheitsrisiken sofort aktiv von den Behörden verbreitet werden müssen.

Link:

E-Mail-Aktion für einen besseren Schutz vor Mineralöl in Lebensmitteln: www.mineraloel-aktion.foodwatch.de

Quellen und weiterführende Informationen:

– LGL Bayern zur Adventskalender-Untersuchung: www.tinyurl.com/advent-bayern

– Förmlicher VIG-Antrag von foodwatch an das LGL (11.12.): www.tinyurl.com/vig-antrag-lgl

– foodwatch-Hintergrundpapier Mineral-Öl: www.mineraloel-hintergrund.foodwatch.de

– Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu Mineralöl: tinyurl.com/ovgvtkz

– EFSA Scientific Opinion: tinyurl.com/p9kausf

– Forschungsprojekt des BMELV 2012: download.ble.de/09HS012.pdf

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